Signet HELIRADIO
HELIRADIO Dokumente

Dipl.Ing.(FH) Klaus Dietz

HELIRADIO Geschichte und Gestaltung

 

1. April 1950.

Herr Ing. Bodo Hempel gründete in Limbach-Oberfrohna eine Rundfunkfabrik.
Das Sicht-und Zerlegewerk für Wehrmachtselektronik, unter anderem auch in Limbach-Oberfrohna ansässig, bot gute Möglichkeiten, preisgünstige Bauteile, Röhren, Halbzeuge zur weiteren Verwendung zu gewinnen.
Eine Handvoll Mitarbeiter unter Leitung von Bodo Hempel konstruierten und fertigten mit primitiven Werkzeugen und Maschinen die ersten Rundfunkgeräte.
Vorlage waren natürlich einfache Geräte der Vorkriegsproduktion.

W51 - Gerät von Ende 1950
Bild 1 W51 - Baujahr 1950
 

Furnierte polierte Gehäuse, goldene Zierleisten und Einfassungen, Stoff- und Fellbezüge zur Lautsprecherabdeckung, Bakelit-Knöpfe wurden teils wegen der Verfügbarkeit andererseits aber auch ohne jeden Anspruch auf Formgebung eingesetzt.
Elektronik-Ingenieure, Formgestalter gab es damals nicht im Betrieb. Autodidaktisch wurde der Wissensstand erweitert.
Der Verkauf der nach Werkstattprinzip gefertigten Geräte erfolgte zunächst an Freunde, Bekannte und wieder deren Bekannte. Erst später setzte ein vertraglich geregelter und planmäßiger Vertrieb über Handelsorganisationen ein.

Die Zeit bis etwa 1960 war vorrangig geprägt durch die Entwicklung verbesserter Empfangsschaltungen, Einführung des UKW-Rundfunks, Vergrößerung der NF-Ausgangsleistung, getrennte Höhen- und Tiefen-Verstellung...
Heli-Geräte "Kapitän", "Admiral" und "Korvette" mit Varianten prägten den technischen Inhalt dieser Periode.

Affenschaukel
Bild 2  Standgerät , sogen. "Affenschaukel" oder "Nicker"
 

Die Formgebung folgte dem individuellen Geschmack der 50-er Jahre, zeigte keine Abweichungen zu anderen Herstellern beispielsweise Stern-Radio Rochlitz, Goldpfeil Hartmannsdorf oder Rema Stollberg auf.
Die Fertigungskapazitäten waren gegenüber diesen Herstellern eher begrenzt, deshalb erwog B. Hempel, nicht auf Masse zu setzen, sondern gehobene Ansprüche neureicher Kunden zu befriedigen.
Dem Trend folgend wurden sogenannte "Tonmöbel" in kleinen Stückzahlen aber gehobener Preisklasse hergestellt. Anklang an modernistische Formen sind erkennbar.

Die Frühjahrsmesse 1960 wurde für HELI-Radio zu einem bedeutenden Ereignis, nicht die Messe, aber der Kontakt und die später folgende enge Bindung mit zwei gerade diplomierten Formgestaltern der HOCHSCHULE FÜR BILDENDE UND ANGEWANDTE KUNST BERLIN-WEISSENSEE, mit Dietel/Rudolph, prägte nachhaltig die Produkte des Betriebes für die weiteren Jahrzehnte.
Das reale DDR-Angebot an Konsumgütern war für beide ein Greuel. Aufbauend auf ihren erworbenen Kenntnissen wollten Sie neues, besseres schaffen. Anregend für die Gestaltung von Rundfunkgeräten waren Ihnen die Fa. BRAUN, später BRIONVEGA und BANG & OLUFSEN.

Bodo Hempel war Unternehmer, aufgewachsen in Leipzig und verfügte über eine gute humanistische Bildung. In der Durchsetzung seiner Ziele entwickelte er Pioniergeist.
So stand er den Ideen der Formgestalter grundsätzlich aufgeschlossen gegenüber. Intensive Diskussionen, Überzeugungsarbeit Ihrerseits waren dennoch ständig erforderlich, dem Unternehmer den Verkaufserfolg zu belegen.
Den Weg des Gewohnten zu verlassen, neue unbekannte Wege zu beschreiten, kostete B. Hempel eine Menge Selbstüberwindung.

Ein neues Firmenzeichen, heute selbstverständlich als Logo zur Corporate Identity gehörend, war eine der ersten Arbeiten, die alle Erzeugnisse, Werbeartikel, einschließlich Briefbögen und auch Fahrzeuge erhielten.

HELI-Signet
Bild 3  HELI-Signet
 

Dieses Zeichen steht stellvertretend für Antenne und Erde, im Negativ das H für HELI, gleichbedeutend mit Hempel-Limbach.

RK2
Bild 4  Rundfunkgeräte-Kombination RK2
 

Mit der Entwicklung und Fertigung der Rundfunkgeräte-Kombination RK2, weitgehend aufbauend auf vorhandenem Chassis, wurde 1962 ein gestalterischer Neubeginn, eine Ära stürmischer Folgeentwicklungen eingeleitet.

Trennung von Elektronik und Lautsprecher, genau wie zu Beginn der Rundfunkgeräteentwicklung, aber gedacht, funktionell den Bedienort vom Hörort zu trennen, weiße Bedienknöpfe ohne Zierkanten und Goldeinlage, revolutionär die Skala ohne Stationsnamen, lediglich Frequenz- und Wellenlängenangaben enthaltend, naturholzbeschichteter Korpus und farbig lackierte Holzabdeckungen, im Schlitzraster gestanzte Abdeckung des Lautsprechers, asymmetrische Aufteilung der Bedienelemente, kennzeichnen die Anlage.

Kombinationen mit angesetzten Plattenspielern, Lautsprechern, Metallkonstruktionen zum freien Aufstellen der Geräte, rundeten dieses Sortiment ab.

Vorhandene Ressourcen des Betriebes, Schlosserei, Tischlerei, Lackiererei sowie kleine Handwerksbetriebe des unmittelbaren Umlandes wurden unproblematisch in die Arbeiten einbezogen.
Staatliche Bevormundung, aufwendige Prüf- und Genehmigungsverfahren gab es zu dieser Zeit noch nicht, bzw. waren umgehbar.

1962 habe ich selbst (Autor) nach dem Abitur bei HELI-Radio mit einer Lehre als Funkmechaniker begonnen. Noch im ersten Lehrjahr übernahm ich Entwicklungs- und Konstruktionsaufgaben, hatte die ersten Kontakte zu Dietel/Rudolph. Begeistert saugte ich deren Ideen auf, von der Richtigkeit der Ideen fasziniert und überzeugt, leider fehlte mir jegliches Rüstzeug im Kampf kontroverser Diskussionen, die in vielen Bereichen des Betriebes über Formgebung, Funktionalität und deren Prioritäten, geführt wurden.
Oft ernteten Dietel/Rudolph von Seiten der Belegschaft, der Angestellten, aufgrund Unkenntnis kultureller, ästhetischer und historischer Zusammenhänge auf dem Gebiet der funktionellen Gestaltung lediglich Spott und Hohn.
( Lautsprecherbox zu RK2 = "Hasenstall" )

Diese Box war die erste in der DDR verfügbare, klanglich optimierte Baßreflexbox.
Sie wurde mit Speziallautsprechern eines Berliner Handwerksbetriebes ausgestattet und akustisch im Rundfunk und Fersehtechnischen Zentralamt Berlin-Adlershof abgestimmt.

Rundfunkgerät R2F
Bild 5  Rundfunkgerät R2F
 

Bemerkenswert, weil zu dieser Zeit gestalterisch vollkommen neu, war die Entwicklung des R2F.
Kein Rundfunkgerät jener Zeit konnte man frei im Raum aufstellen, ohne dabei die braune oder schwarze Papprückwand zu sehen. Frei in den Raum ragende Regale ermöglichten aber inzwischen Durch- und Einblick von allen Seiten R2F besaß furnierte Kanten der Gehäuserückseite, farbig behandelte Holzschallwand mit eingesetzten Lochrasterabdeckungen für die Lautsprecher. Diese ermöglichte erstmalige freie Aufstellung. Ein Großteil der Käuferschicht der HELI-Geräte hatte sich bereits mit modernem Mobiliar ausgestattet, nutzte z.B. Hellerau-Anbaumöbel der Serie 602 von Franz Ehrlich bzw. Regalmöbel wie Modell “Sibylle“.

Der Absatz entwickelte sich von Messe zu Messe steigend. Die anfänglichen Vorbehalte gegen diese nackte, nüchterne Gestaltung verringerten sich, änderten sich in Toleranz, schlugen später in gespannte Erwartung auf neues Design um.

Die Rechtsform des Betriebes hatte Hempel inzwischen geändert, ab 1962 halbstaatlich, was Erleichterungen bei Kreditierung und Finanzierungen möglich machen sollte.
Wohlwollend wurden die Steigerungsraten der Produktion vom damaligen Bezirkswirtschaftsrat aufgenommen.
Die gesamte Betriebssubstanz, archaische Fertigungseinrichtungen, verteilt auf mehrere Gebäude in 4 Etagen, ermutigten B. Hempel zur Planung eines vollkommen neuen Betriebes an der heutigen Autobahn A4.
Ein Flachbau nach der Tankstelle Röhrsdorf/ Eisenach mit Anbindung an die Autobahn sollte erweiterungsfähig, die betriebliche Zukunft sichern.
Dieser Gedanke wurde aber erst heute durch eben dieses Gewerbegebiet Röhrsdorf realisiert.
In den folgenden Jahren konzentrierte sich B. Hempel auf die Modernisierung, Erweiterung, Gebäudekauf am Standort um die erforderlichen Kapazitäten zu gewinnen.

Dietel/Rudolph erhielten Anfang der 60-er den Auftrag, im Rahmen der Neugestaltung von Arbeitsräumen, Büroräumen, Zugängen, Treppen, Heizkörpern usw. ein gestalterisches Konzept HELIRADIO-spezifischer Umweltgestaltung zu erarbeiten.
Dieses Konzept wurde ausgeführt und rund 30 Jahre beibehalten.

Die Einführung des Stereo-Rundfunks stand in den 60-er Jahren als technische Novität bevor. Ab 1963 wurden Nachfolgekonzepte für die RK3 Baureihe unter sofortiger Einbeziehung der Formgestalter Dietel/Rudolph erarbeitet.
In Auswertung damals noch unkompliziert verfügbarer internationaler Fachliteratur wurde eine bestimmte festzulegende Vorgehensweise für den Betrieb erforderlich, d.h.

Zielsegment waren Geräte der oberen bis Spitzenklasse mit der Folge, dass nur kleine bis mittlere Stückzahlen absetzbar und produzierbar waren.

Aufgrund schnellen technischen Fortschrittes der Bauelementeindustrie, Ablösung der Röhrentechnik durch Transistoren, Ziffernanzeigen, Lautsprecherchassis, war eine relative Kurzlebigkeit der gefundenen schaltungstechnischen Lösungen zu erwarten.
Neue Medien wie Stereoplattenspieler, Tonband- und Kassettentechnik reiften auch für das obere Preissegment und wurden vom Käufer im passenden Aussehen gefordert.

Teure Komplettwerkzeuge für Chassis und dgl., die sich nur bei Großserien lohnten, verboten sich von selbst.

Das Gestaltungskonzept sah die Verwendung funktionsorientierter, offener Prinzipien vor, d.h. kein Gesamtgerät, sondern Einzelkomponenten zu schaffen, die in ihren Details ständig dem neuesten Stand des technischen Fortschritts angepasst und modifiziert werden können.

Mit dieser Zielsetzung entstand das Rundfunkgerät RK3, die erste Komponente der Bausteinserie 66.


Bild 6  RK3 Stereo-Bausteinserie 66
 

Bahnbrechend in der DDR Rundfunkgeräte-Geschichte wurde erstmals in Richtung vom "Tonmöbel" zum technischen Heimgerät eine Stahlblechummantelung für alle Gehäuse der gesamten Gerätefamilie eingesetzt.

Die Oberfläche wurde matt lackiert und in den Farben Weiß, Blau, Orange, Braun angeboten.

Die Seitenteile bestanden aus furnierten Spanplatten.

Die Gestaltung lief hier der technischen Entwicklung voraus. Ganz so konsequent stellte sich das technische Innenleben nicht dar.
Modulare Bauweise war in ersten Ansätzen erkennbar, jedoch aus Unerfahrenheit und fehlender Weitsicht nicht durchgängig realisiert.
Die ersten Transistoren, bisher Koffergeräten vorbehalten, wurden in den NF-Vorverstärkern eingesetzt. Zeitgleich kamen auch zugehörige Komponenten, wie Plattenspieler mit zugekauften Laufwerken, Lautsprecherboxen L40, L80, L40 spezial, K10 über die Entwicklung zur Produktionsreife.


Bild 7  L40 spezial
 

Erstmalig wurde zur Abdeckung der Lautsprecher galvanisiertes und lackiertes Metalldrahtgewebe eingesetzt.

Ungeahnte Schwierigkeiten traten dabei durch Maschenfehler auf. Diese Gewebe waren für Siebtechniken konzipiert, jedoch in ihren Qualitätseigenschaften nicht für Sichtbereiche ausgerichtet.

Konsequent wurde bei dieser Baßreflexbox eine Synthese aus Form und Funktion realisiert.
Der Lautsprecher wurde wie zukünftig bei allen Boxen von vorn eingebaut und lediglich durch ein Metallsieb, akustisch offen, geschützt.
Die Frontplattenbefestigungsschrauben blieben sichtbar. Dies galt auch für die gesamte Komponentenpalette.
Höhere Anforderungen an saubere Arbeitsweise, Werkzeuge wurden zwangsläufig gestellt.

Kompaktbox K10
Bild 8  Kompaktbox K10
 

Die kleinste Kompaktbox K10 erhielt als Lautsprecherabdeckung ein plastisch verformtes Drahtgitter. Dies war die erste bekannte Anwendung, vermutlich weltweit.

1965 gelang es HELIRADIO mit dem RK3 stereo als erstem DDR-Hersteller die HF-Stereofonie einzuführen.
Der Sender Leipzig strahlte dazu nachts 1.30 Uhr eine Versuchssendung speziell für den Betrieb aus.

Verstärker VS1
Bild 9  Verstärker VS1
 

Das Verlangen nach immer besserer Wiedergabe führte im gleichen Jahr zur Entwicklung des Leistungsverstärkers VS1, passend zur Bausteinserie 66.
Höhere Ausgangsleistung, geringe Verzerrungen, schaltbare, aufwendige Rausch- und Rumpelfilter zur Unterdrückung von Plattenabtast- und Laufwerksgeräuschen, kennzeichneten diesen Verstärker.

Alle Bedienelemente wurden auf der Oberseite angeordnet. Zeitgleich entwickelte auch Siemens einen derartigen Verstärker.

Der gute Ruf, an kommerzielle Technik, also funktionsorientierte Gestaltung gebundene Erzeugnisse, hohe Übertragungsqualität, weckten das Interesse der Deutschen Post (Rundfunk und fernsehtechnisches Zentralamt).

Entwicklung, Fertigung von studiotechnischen Anlagen, speziell Abhöreinrichtungen für die Tonregie im Rundfunk- und Fernsehbereich, später auch für Kultureinrichtungen, Theater, Opernhäuser, sicherten aufgrund geplanter Langlebigkeit dieser Erzeugnisse eine kontinuierliche Kleinserienfertigung über viele Jahre hinweg.

Abhöreinrichtung VS1-31
Bild 10  Abhöreinrichtung VS1-32
Bild 11  Abhöreinrichtung VS1-31
 

Nachhallgerät NHE, Abhöreinrichtungen VS1-32, VS1-31, K12 mV, Schallzeilen, Box K20 stehen stellvertretend für Erzeugnisse, die bis in die 80er Jahre gefertigt wurden.
Die Möglichkeiten der freizügigen Gestaltung wurden stark eingeschränkt, einerseits durch starke Werksnormenbindung der Deutschen Post, andererseits durch Preisbindungen und Verwendung kleinserientypischer Fertigungsverfahren.
Nahtlos, ohne Veränderung des Äußeren wurde allerdings bei diesen Geräten Röhrentechnik gegen Transistortechnik ausgetauscht.

Die Wirtschaft der DDR war bis zum Ende des Bestehens dadurch gekennzeichnet, daß Bedürfnisse geweckt wurden, der Bedarf aber zu keiner Zeit jemals vollständig gedeckt werden konnte.
Die Forderung der Bevölkerung nach mehr und besseren Konsumgütern wurde über Regierung, Ministerien zu höheren Planvorgaben für die produzierenden Betriebe umgesetzt.
Sozialistische Planwirtschaft, Vergabe von Bilanzanteilen zur Lieferung von Bauelementen, Halbzeugen, Genehmigungsverfahren zum Erhalt von Fremdkapazitäten der Herstellung von Plastspritzwerkzeugen u.a. führten in der Folgezeit zu chaotischen Verhältnissen in der Vorbereitungs- und Fertigungsphase neuer Erzeugnisse oder der Fortführung der Fertigung überhaupt.
Mittel und Wege, diese Hürden zu nehmen, werden heute unter den Begriffen Betrug, Korruption bis Wirtschaftskriminalität behandelt, dienten aber damals lediglich dem Zweck der Erfüllung der gestellten Planaufgaben.

B. Hempel hatte stets diese Risikofaktoren im Blick, betrachtete die Rundfunkgerätelinie als tragende Säule, ergänzte aber oft die Produktpalette mit weiteren Erzeugnissen z.B. Herzschrittmachern, Blutkörper-Zählgeräten für medizinischen Einsatz oder der erwähnten Studiotechnik.

Zur Deckung des gestiegenen Konsumgüterbedarfs an Rundfunkgeräten wurden ab 1964 Chassis der Fertigung von Stern-Radio Sonneberg, Neustadt-Glewe gestalterisch und elektronisch modifiziert und dem Handel mit Erfolg abgegeben.

Rundfunkgerät  (1966/67)
Bild 12  Rundfunkgerät (1966/67)
 

Nach der vollständigen Trennung Deutschlands durch den Mauerbau 1961 begann auch der chronische Devisenmangel der DDR. Das äußerte sich als Plankennziffer "NSW-Export".

Erste Verhandlungen mit westlichen Kunden, die zu diesem Zeitpunkt noch eigenständig geführt werden durften, ergaben keine Absatzchancen. Das HELIRADIO-Design entsprach nicht dem westlichen Zeitgeschmack, war der Zeit voraus.

Nach Kundenwunschvorgaben der westlichen Abnehmer und Handelsketten z.B. Story, Wekamp, Fisher, wurden zugekaufte Chassis modifiziert, allerdings ohne Einfluß der Formgestalter. Das Ergebnis war ein gestalterischer Rückschritt in die 50-er Jahre, von Dietel/Rudolph als "Gartenzwergkultur", passend zum „Gelsenkirchener Barock“, bezeichnet.


Bild 13  RCX 1000
Bild 14  Exclusivgerät

 

Das HELI-Signet, Zeichen für funktionelles Design unterblieb auf diesen und weiteren Geräten.

Der Absatz mit zugekauften Chassis führte in den folgenden Jahren zur Steigerung des Jahresumsatzes von ca. 6Mio. Mark auf 12Mio. Mark und wurde zur geplanten Vorgabe.

Auch im höherpreisigen Segment gelang Absatz in das westliche Ausland (BRD).

Der RK3 stereo erhielt ein Holzgehäuse, geschliffene, siebbedruckte Metallfrontplatte, anfangs zugelieferte Metallkalottenknöpfe, Papprückwand. HELIRADIO blieb meist anonym, der Vertreiber Bruns wurde mit Namen aufgedruckt. Diese Exporte mit Rundfunkgeräten gelangen bis in die 70-er Jahre.

Die angekurbelte Massenfertigung von Geräten der unteren und selbst der oberen Preisklassen, führte schon Ende der 60-er Jahre in der DDR zum Absatzstopp verschiedener Hersteller. Neustadt-Glewe fertigte zuletzt lediglich für HELI-Radio.
Die Bänder dort liefen zur Auslastung der Arbeitskräfte auf Hochtouren, nach Ende der Schicht wurden die Röhren von den Chassis entfernt, die Chassis per Bahnverladung abtransportiert und in umliegenden Sandgruben vergraben.

Goldpfeil Hartmannsdorf stellte die Fertigung der Großsuper ein und rüstete auf Magnetkopffertigung um.
Stern-Radio Rochlitz hatte die Fertigung bereits zugunsten Telekommunikationstechnik eingestellt.
Dort lebte sie nochmals in den 80-er Jahren für kurze Zeit auf, als erneut Konsumgütermangel auftrat.

Unbeirrt wurde indes bei HELI unter gestalterischer Leitung von Dietel/Rudolph ein vollkommen neues Konzept in Angriff genommen.
Gestalter, Entwickler, Konstrukteure, arbeiteten von Anfang an Hand in Hand, wenn auch B. Hempel öfters ein Machtwort gebrauchen mußte, um das erforderliche Miteinander der wechselseitigen Forderungen auf einen Nenner zu bringen.

RK5 sensit
Bild 15  RK5 sensit (1967)
 

Das Gestaltungskonzept sah ein vollkommen offenes Prinzip zur Langzeitverwendung vor. Mehr Plastizität im äußeren Erscheinungsbild, Loslösung von technokratisch geprägter Anordnung der Bedienelemente ähnlich dem "Japanlook", statt dessen Zusammenfassung zu logischen Funktionsgruppen, war das Ziel.
Die Bedienelemente, Knöpfe und Tasten, ergonomisch geprägt, von unerhörter Plastizität, nach Funktion differenziert, farblich mit Signalfarben durch aufgesetzte Kalotten der entsprechenden Bedieneigenschaft zugeordnet, fühlbare Markierungen für Drehwinkel, Seiten aus schwarzen Plastspritzteilen, welche die beiden mit Lüftungsschlitzen geformten Blechmäntel zusammenhalten, prägen das Erscheinungsbild.

Auf die Frage nach dem Sinn der für diese Zeit völlig ungewöhnlichen, auch noch farbigen Bedienelemente, erklärte mir Dietel einmal wie folgt: "Stelle Dir vor, so wie Du nachts oder als Blinder eine Frau ertastest, so wirst Du am rk5 sensit mit taktilem Fingerspitzengefühl jedes einzelne Element mühelos erkennen".
Damit sollte er bis heute uneingeschränkt Recht behalten. Technokratische Aufreihung von immer kleineren Tasten und unifarbenen Bedienelementen, kontrastloser Miniaturdruck zwingen zum Abzählen der Tasten oder Anbringen von Hilfsmarkierungen für oft Benötigtes und diese Geräte bleiben schlecht bedienbar.

Die Schaltungstechnik des rk5 sensit war ebenso revolutionär. Erstmalig wurde in der DDR ein Spitzenempfänger durchgängig mit Siliziumtransistoren ausgerüstet.
Elektronischer Sendersuchlauf, speicherbare UKW-Sender verbesserten die Nutzung.

Auch dem Empfang des AM-Rundfunks, MW, KW wurde große Beachtung durch Wahl spezieller Schaltungen, die ebenfalls DDR-Neuheit waren, gewidmet.
Mit Lochraster versehenes Universalschienensystem bildet fortan Grundgerüst zur Aufnahme der einzelnen Funktionsblöcke und Baugruppen, elektronische Schaltungen sind vollständig auf Leiterplatten untergebracht.

Die große Ausgangsleistung des rk5 erforderte dafür geeignete passende Lautsprecherboxen.

K20 sensit
Bild 16  Kugellautsprecher K20 sensit
 

Sandbeschichtete, farbgebundene Oberfläche einer geklebten Pappkugel aus der Globusfertigung, mit entsprechenden Radien gedrückter Alu-Frontring, sowie in diesen eingeklebtes geprägtes Drahtgewebe zur Lautsprecherabdeckung bestimmen das Aussehen.
Ringe aus geblasenem Kunststoff, später aus PUR-Schaum, ermöglichten kardanisch, universelle Aufstellung in der gewünschten Abstrahlrichtung.
Anfänglich belächelt, tauchte diese Box bald, mühelos überall neutral integrierbar, in Gaststätten, beim Fernsehfunk bis hin zum Palast der Republik, auf.

Das Zentrale-Waren-Kontor Berlin, Abnehmer und Verteiler der Rundfunkgeräte, forderte, bedingt durch Absatzstagnation, Ende der 60-er Jahre neue Technik, neue Übertragungsverfahren zur positiven Absatzbeeinflussung, einzusetzen.

HELIRADIO widmete sich dieser Aufgabe, entwickelte auf Grundlage eines zum Patent angemeldeten Übertragungsverfahrens eines auf Honorarbasis arbeitenden Mitarbeiters einen Empfänger völlig neuen Typus.

PROGRAMAT
Bild 17  PROGRAMAT
 

Dem Sendesignal des Rundfunksenders wurde je nach Programminhalt wie Nachrichten, Kultur, Sport, Schlagermusik, Klassik, Kindersendungen... ein nichthörbares codiertes Begleitsignal hinzugefügt.
Am Empfänger konnten mittels Tasten die Inhalte vorbestimmt werden, elektronisch über Filter ausgewählt, wurden so diese Inhalte abgerufen und alle Rundfunksender, die diese Hilfsträger ausstrahlen, konnten im Suchlaufverfahren erfaßt werden.

Auf der Herbstmesse 1968 wurde dieses Verfahren erstmalig in Leipzig vor Ministern und ausgewähltem Publikum der Öffentlichkeit präsentiert. Das Schaltungskonzept basierte auf rk5 sensit Technik.

Das Gestaltungskonzept wurde von Dietel/Rudolph erarbeitet.
Im Aussehen an eine Schreibmaschine erinnernd, Bedienelemente schräg wie deren Tastatur angeordnet, Gehäuseschalen mit beabsichtigten Trennfugen versehen, mittels Kreuzschlitzschrauben zum Verschluß der Elektronik vorgesehen.

Die zur Wärmeabfuhr erforderlichen Kühlköper werden auf der Rückseite sichtbar als Gestaltungselement eingesetzt.
Wirkungsvoll eingesetzte Radien an Übergangsstellen der Gehäuseteile, Lautsprecheröffnungen, Antenne usw. schaffen mit der schwarz/ grünen Farbgebung Ästhetik und Eleganz.

Anfänglich äußerst positiv bewertet, schlugen diese Erwartungen schnell ins Gegenteil um.
Staatliche Sicherheitsorgane witterten Gefahr, daß der "Klassenfeind" über diese neue Medienform gezielt die Bevölkerung beeinflussen könnte.

Dem Patentinhaber wurde die Möglichkeit verwehrt, patentrechtliche Erfordernisse in materieller wie technischer Hinsicht wahrzunehmen und fortzuführen.
Die DDR selbst hat es auch nicht für erforderlich gehalten, sich Rechte zu sichern. Die Konzeption wurde aufgegeben.
Entstanden sind aus dieser Erfindung u.a. die allen bekannte Verkehrsfunkinformation.
1974, anläßlich des 50-jährigen Bestehens des Rundfunks, berichtet Walter Bruch, Begründer des PAL-Farbfernsehens über neue Übertragungsmedien und nennt dort auch HELIRADIO mit diesem Gerät.

Der Betrieb wuchs in der Folgezeit von ehemals 40 auf ca. 120 Mitarbeiter an. Probleme der Logistik, der Eigenverwaltung mußten gelöst werden.
Bilanzierungserfordernisse erschwerten, behinderten die Fertigungsabläufe, zu hohe Materialbestände, weil wiederum durch fehlende Materialien nicht abbaubar, führten den Betrieb mehrmals in finanzielle Krisen.

Auflagen staatlicher Stellen, wie Amt für Standardisierung und Meßwesen, Amt für industrielle Formgestaltung, erlegten dem Kleinbetrieb, staatlich, per Gesetz verordnet, Verpflichtungen wie Großbetrieben auf, für die aber hier einfach das Personal fehlte.

Einsicht in manche Unmöglichkeit hatten die Mitarbeiter dieser staatlichen Dienststellen immer, aber ändern konnten sie dieses System auch nicht.
Hier halfen oft nur noch persönliche gute Kontakte, Steine aus dem Weg zu räumen.

Innerbetrieblich brachte der Einsatz neuer Technologien große Vorteile. Ende der 60-er Jahre bis Anfang der 70-er Jahre wurde eine eigene Leiterplattenfertigung, vom Drucken, Ätzen, Hochgeschwindigkeitsbohren, später Stanzen, Bestücken und Tauchlöten/Schwallöten mit manchen Startschwierigkeiten, ins Leben gerufen.

Das unbedingte Muß so aufwendiger und teurer Technik erforderte deren Auslastung.

Eine große Palette bestückter Leiterplatten für die Deutsche Post und fremde Auftraggeber sicherten dies.

1972 schied B. Hempel aus einer Mischung von Resignation, überstandener schwerer Krankheit, staatlichem Druck aus dem Betrieb aus.

HELI-Radio wurde VEB und firmierte unter Gerätebau Limbach-Oberfrohna.
Die Übernahme von weiteren Erzeugnissen der Post, wie Videomeßtechnik, Magnetbandaufzeichnungs- und Wiedergabeentzerrer u.a. führten zur zeitweiligen wirtschaftlichen Eingliederung zur Deutschen Post.

Neu- und Weiterentwicklungen wurden zunächst im Lautsprecherbau vollzogen.
Dietel/Rudolph strebten mehr Plastizität des Korpus an. Holz war als Werkstoff wenig geeignet.

PUR-Schaum hart, industriell schon in verschiedenen Bereichen der Bauwirtschaft, Verpackungsindustrie eingesetzt, bot nahezu unbegrenzte Möglichkeiten, vielfältige Formen abzuleiten. Vor der Verschäumung wurde ebenfalls aus PUR bestehende, farbige Folie in die Schäumform eingelegt. Als Pionier im Einsatz von PUR in der Konsumgüterelektronik hatten Entwickler, Technologen viele Erfahrungen bei der Beseitigung von Qualitätsmängeln sammeln müssen.

Box K24 sensit und rk7 sensit Box LK22 sensit

Bild 18  Box K24 sensit und rk7 sensit (1973/75)
Bild 19  Box LK22 sensit
 

Aus Gründen des teuren Werkzeugbaues wurde die Fertigung der neuen Kugelbox zunächst nicht weiter forciert, später aber auch leider nicht wieder aufgegriffen.

Als vollwertiger VEB erfolgte in den 70-er Jahren, da Hauptproduktlinie wieder Rundfunkgeräte und Lautsprecherboxen waren, wirtschaftliche Trennung von der Deutschen Post und Eingliederung als kleinster selbständiger Betrieb in das Kombinat Rundfunk und Fernsehen Staßfurt.
Gemessen an Großbetrieben, gefordert durch Staat und Partei, wurden alle nur erdenklichen Strukturen erschaffen:
Kaderabteilung, Parteigruppe, Büro für Neuererwesen, TKO-Abteilung, Jugendbrigaden, Brigaden der sozialistischen Arbeit, Lehrausbildung, Organisation der FDJ, Konfliktkommission, Gewerkschaftsgruppen usw.

Die Betriebsdirektoren, 14 an der Zahl bis zur Liquidation 1992 hatten zum Teil wenig Gespür für die bereits von Hempel gestellte Aufgabe, Vorreiter neuer technischer Lösungen zu sein, nicht auf Druck zu entwickeln, sondern aus innerer Überzeugung und Antrieb neues auf den Markt zu bringen.
Betriebliche Machtkämpfe, führten zu persönlicher Absicherungspolitik, man igelte sich ein. Die Entwicklung stagnierte, wurde fast heimlich betrieben.
Technische Neuerungen wurden nur zögernd angenommen und eingeführt. rk7 sensit, rk8 sensit, rk88 sensit, rk88 sensit quattro waren logische Folgeerzeugnisse des rk5 sensit, die zeitgemäße Neuerungen schaltungstechnischer, farbgebender und funktioneller Art aufwiesen.

Abgesehen vom eigenständigen Äußeren der Geräte und hoher Ausgangsleistung hatten nun auch andere Rundfunkgerätehersteller, Rema Stollberg, Sternradio Sonneberg, Sternradio Berlin zu Blechgehäusen gegriffen.
Integrierte Schaltkreise tauchten mittlerweile ebenfalls in Rundfunkgeräten auf.

In den 80-er Jahren stand zur Debatte, wird Gerätebau Limbach Zulieferbetrieb des Kombinates, läßt man die Produktion auslaufen wie schon bei vielen kleineren Betrieben oder kann die staatlich geforderte Herstellung diverser Produkte, wie Einschubempfänger für ELA-Technik, Empfänger für NVA-Ausrüstung und anderer Produkte die Eigenständigkeit bewahren?
Als erster Schritt wurde dann doch die Eigenständigkeit entzogen. Der Betrieb Gerätebau Limbach wurde Betriebsteil des Baugruppenproduzenten ELFEMA Mittweida.

rk88 sensit ic und Kompaktbox K13
Bild 20  rk88 sensit ic und Kompaktbox K13
 

In relativ kurzer Zeit wurde die Schaltungstechnik des rk88 sensit auf integrierte Schaltkreise, dort wo vorteilhaft, umgestellt und 1988 als Spitzengerät rk88 sensit ic an den Handel ausgeliefert und in dieser Form bis 1991 produziert.

Bereits Anfang der 80-er Jahre wurde eine 13 Liter Baßreflexbox in die Fertigung übergeleitet, da Lautsprecher mit hohen Belastbarkeiten zum rk8 fehlten.
Diese Box überarbeitete Dietel 1982 gestalterisch. Lackbeschichteter Schichtstoffkorpus, ebensolche Frontblende, graphisch u.a. so gestaltet, daß senkrechte oder liegende Aufstellung möglich war, Lautsprecherabdeckungen aus sehr plastisch verformtem Drahtgewebe, sichtbare Innensechskantschrauben zur Montage der Frontblende sowie Plastnoppen auf der gesamten Mantelfläche für den Lackschutz prägen das äußere Erscheinungsbild.
Der Handel nahm dieses Erzeugnis spontan auf, bereicherte mit außergewöhnlichem die Angebotspalette.
Westexporte waren fast nur mit nostalgischer Stoffbespannung absetzbar.

Die Baureihe rk5 sensit bis zum rk88 sensit ic zeigte deutlich, daß funktionelles Design geeignet ist, Produkte langlebig zu machen, denn ästhetisches Empfinden ist nicht an Modeerscheinungen gebunden.
Mit 23-jähriger Produktionszeit war diese Baureihe in der DDR und vermutlich auch in ganz Deutschland das am längsten gefertigte Rundfunkgerät.

Langjährig gereifte gute Beziehungen zwischen Entwickler und Formgestalter, ständiger Gedankenaustausch ergaben neue Ansatzpunkte für weitere Erzeugnisse.

Baßreflexbox K23 Baßreflexbox K35

Bild 21  Baßreflexbox K23
Bild 22  Baßreflexbox K35

 

Akustische Verbesserungen waren mit den damals zur Verfügung stehenden Lautsprecherchassis für geschlossenes Prinzip in dieser Klasse nicht erreichbar.
Das Baßreflexprinzip bot dennoch Möglichkeiten, wurde angewendet und lieferte ausgereifte, begehrte Boxen.
Verwendung konstruktiver Teile der K13, prismatischer farbfoliebeschichteter Korpus kennzeichnet zwei Boxen, die von ca. 1986 bis 1991 in großen Stückzahlen gefertigt wurden.

Im Zeitraum von 1984 bis 1987 wurde analysiert, welche Funktionen eigentlich wirklich von Geräten der oberen Preisklasse, bzw. deren Käufern erwartet, gefordert und benutzt würden, ganz und gar abweichend von Festlegungen in existierenden Standards.

Kurz gefaßt wie folgt:

Information in bestmöglicher Qualität in allen Rundfunkempfangsbereichen mit höchster Reproduzierbarkeit

Wiedergabe peripher anzuschließender Geräte in bestmöglicher Qualität

Einfachste Bedienung in einprägsamer Art

Ein Grundübel der Zeit - mit zunehmender Miniaturisierung, Erhöhung der Integrationsdichte, konnten immer mehr und neue Funktionen realisiert werden.
Leider stieg dabei auch die Anzahl der Bedienelemente an den Geräten der Unterhaltungselektronik. Mitunter konnten die Geräte fernbedient werden. Auch da fand sich die ganze Aufreihung der Tasten wieder.
Reichte die Anzahl der untergebrachten Tasten immer noch nicht, benutzte man Doppel- und Mehrfachbelegung, meist auch noch zeitgesteuert.

Im Endeffekt konnte kaum jemand ohne exakte, eindeutige Bedienanleitung diese sogenannten "Gebrauchwerte" überhaupt noch ausnutzen, und wenn dann doch geschafft, ist der erlernte Ablauf bald wieder vergessen.

Dieser Zustand ist heute noch reale Tatsache(!), denkt man an Fernsehgeräte, Videogeräte, Camcorder, Telefone...

Aufbauend auf diesen Gedanken und Analysen, verfügbaren Technologien und Materialien entstand 1987 das erste Muster rk90 sensit cubus

rk90 sensit cubus
Bild 23  rk90 sensit cubus
 

Gestalterisch und konstruktiv sprengte dieses Gerät durch vollkommen offenes Prinzip alles bisher Existente.
Ein kubisches Chassis, bestehend aus galvanisch oder farbbehandelten ständig nach außen sichtbaren geprägten Lochwinkelschienen wurde auf den Mantelflächen und Rückseite mit prismatisch verformten, gelochten und mit Versteifungsrippen versehenen Blechteilen verschlossen.
Die linke Außenseite erhielt einen Aluminium-Gußkörper mit Kühlrippen zur Wärmeabführung der Leistungsbaugruppen.
Im Innenraum wurden an diesen Schienen Großmodule, d.h. alle elektronisch zusammengehörigen Schaltungseinheiten auf Leiterplatten, steckbar aufgereiht und befestigt.

Das Gerät sollte sich als sogenannte "Blackbox" unauffällig überall einfügen lassen wie der Tower eines PC.
Alle erforderlichen Bedienelemente wurden auf eine großflächige mit verschiedenen Tastenhöhen und Tastenfarben ausgestattete, funktionell gegliederte Fernbedienung verlegt.
Deshalb wurde am Gerät auch auf alle Bedienelemente verzichtet, die entbehrlich waren, ausgenommen der Netzschalter und der Schalter für den Monitorlausprecher.

Microprozessorsteuerung für die digitale Frequenzaufbereitung des FM-Empfangsteiles sowie des AM-Doppelsupers, digitale Steuerung aller Analogfunktionen ermöglichten diese Strategie.
Frontseitig befanden sich am Gerät lediglich noch Leuchtdiodenanzeigen für Frequenzen oder Sendernamen, eingestellten Status diverser anderer Funktionen.
Die geplante Rückmeldung und Anzeige dieser Einstellungen zur Fernbedienung war damals mit verfügbaren Bauelementen noch nicht möglich.

Die erste öffentliche Vorstellung des rk90 war die X.DEUTSCHE KUNSTAUSSTELLUNG in Dresden, schlug ein wie eine Bombe, hatten doch die beiden Großbetriebe des Kombinates derartiges nicht zu bieten.
Von diesen Seiten durchgestellt, sollten die weiteren Arbeiten eingestellt werden.
Eine Unterschriftensammlung, die trotz ausgesprochenem Verbot an das Politbüro eingereicht wurde, führte dazu, daß zunächst nach Rädelsführern dieser Aktion gefahndet wurde.
Nach Klärung, erneuter Vorstellung des Gerätes, wurde von höchsten Regierungsstellen gefordert, den rk90 mit allen Mitteln in einen der Großbetriebe überzuleiten, was aber von technischen Mitarbeitern dieser Betriebe als unmöglich eingeschätzt wurde.
Der rk90 war letztendlich für Kleinserienfertigung konzipiert, sollte wie schon 25 Jahre zuvor getan, neuen Schaltungstechniken, neuen Gebrauchswerten, neuen Formgestaltungsprinzipien zu schneller und unkomplizierter Überleitung verhelfen, andere anspornen.
Die Entwicklung, Fertigungsüberleitung wurde in eigener Regie im Betriebsteil Limbach weitergeführt, durch die ELFEMA-Mittweida unterstützt.
Da die gesamte Fertigungspalette des Betriebes u.a. aber nicht zum Baugruppenproduzenten paßte, wurde Gerätebau-Limbach wieder in die Eigenständigkeit überführt.
Mit der Wende 1989 war die weitere Entwicklung aufgrund sofortigen Zugriffs auf völlig andere Bauelemente gegenstandlos geworden und wurde mit dem Bau von K5-Mustern beendet.
Die nachfolgende Zeit ist durch wirtschaftliche Unsicherheit, Versuch des Aufbaues von Überlebensstrategien, kopflose Machtspiele gekennzeichnet und endete 1992 mit der Liquidation des Betriebes.

Das Konzept des rk90 war für die DDR erstmalig und einmalig. Konzeptionell vergleichbares gibt es bis heute auch nicht auf dem internationalen Markt.

 

Anmerkung: Dieser Abriss der Geschichte von HELIRADIO stammt von Herrn Klaus Dietz, langjährigem Entwicklungsleiter bei HELIRADIO und wurde von ihm selbst freundlicherweise zur Verfügung gestellt

 

Anmerkung des Verfassers:
vorliegenden Artikel habe ich anläßlich einer Vortragsreihe des "Deutschen Werkbundes" verfaßt und referiert.
Zum Autor: Dipl. Ing.(FH) Klaus Dietz
-geboren 22.01.1944
-Abitur 1962, Berufsausbildung als Funkmechaniker im Betrieb Gerätebau Hempel KG (HELI-RADIO)
-Studium ab 1964 TU-Dresden, Fernstudium Ingenieurschule Mittweida, Ing.-Abschluß 1971
ab 1966 maßgeblich an Entwicklungskonzepten mit den Formgestaltern Dietel/Rudolph beteiligt
-Die vorhandene handwerkliche Kleinserienfertigung erforderte die Erarbeitung von arbeitswissenschaftlich fundierten Fertigungskonzepten, deshalb neben Entwicklungsaufgaben Einsatz als Produktionsleiter, Haupttechnologe und Technischer Leiter des Betriebes.
-Persönliches Augenmerk war jedoch immer die Entwicklung neuer Erzeugnisse, die ab ca. 1970 die Handschrift des Autors maßgeblich tragen.
Eine wichtige tragende Säule des Betriebes, die ingenieurtechnische Kleinserienfertigung kommerzieller Baugruppen und Geräte erforderte ebenso ing.-technische Beeinflussung und Betreuung durch den Autor.


Bodo Hempel - Direktor im eigenen Betrieb

 

Zu Beginn der Siebziger Jahre wurden in der DDR mehr oder weniger alle Betriebe, die noch in privatem Besitz waren, enteignet. Wirtschaftliche Überlegungen spielten dabei eine geringere Rolle - es ging ums Prinzip. Auch hier ist Heliradio ein plastisches Beispiel; mit der Überführung in Volkseigentum beginnt eine regelrechte Odyssee durch die verschiedenen Organisationsstrukturen der DDR-Wirtschaft. Zwar war der Betrieb nun nicht mehr im Besitz eines Privatmannes und soweit entsprach es den Vorgaben. Während aber andere Betriebe, mit denen man ähnlich umgegangen war, in größere Betriebe der gleichen Branche eingegliedert wurden, war es mit Heliradio offenbar nicht so einfach. Zu vielfältig war die Produktpalette - vom Rundfunkempfänger über medizinische Geräte bis hin zur hochwertigen Studiotechnik. Der erste Versuch ging in Richtung Deutsche Post, die für die Ausstattung der Rundfunk- und Fernsehstudios zuständig war. Hier gab es mit der RFZ eine Stelle, von der man glaubte, daß Heliradio da passend einzugliedern sei. Die Ernennungsurkunde belegt diesen ersten Schritt auf dem Weg als VEB, weitere werden hier (hoffentlich) bald dokumentiert.

Ernennungsurkunde B. Hempel 1972